Ermittlung von Fachkräfteengpässen auf dem Arbeitsmarkt
Die Sicherung des kommunalen Fachkräftebedarfs ermöglicht es den Unternehmen vor Ort, Produkte herzustellen und Dienstleistungen zu erbringen. Die kommunale Verfügbarkeit von Fachkräften ist somit für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der vor Ort ansässigen Unternehmen essenziell. Doch wie lassen sich Fachkräftebedarfe auf dem Arbeitsmarkt empirisch beschreiben? Woraus leiten sich diese ab? Sind die kommunizierten Bedarfe für das Bundesgebiet verallgemeinerbar oder sind sie regionalspezifisch ausgeprägt? Dieser Beitrag klärt zunächst die Begrifflichkeiten und gibt anschließend Hinweise auf Daten, die die regionale Fachkräftesituation beschreiben können.
Erläuterung der Systematik und Bestandteile der Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit
Um die aktuelle und möglicherweise zukünftige Fachkräftesituation vor Ort einschätzen zu können, bedarf es möglichst objektiver und vielfältiger empirischer Informationen, die die verschiedenen Facetten der Fachkräftesituation beleuchten und damit auch Hinweise auf mögliche Lösungsansätze bei Engpässen geben.
Vorgehen der Bundesagentur für Arbeit bei der Engpassanalyse
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat Zugriff auf die Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Arbeitsuchenden. Darüber hinaus können Betriebe ihre offenen Stellen bei der BA melden. Diese für die Vergangenheit verfügbaren Daten werden für das Bundesgebiet für 510 Berufsgattungen (Viersteller) der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010; siehe Darstellung der Klassifikation der Berufe im Rahmens des Beitrags des Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier) auf der Ebene von Fachkräften (in 234 Berufen), Spezialisten (135) und Experten (141) im Hinblick auf die Fachkräftesituation ausgewertet (Einzelausgaben - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)). Stellen für Helfertätigkeiten, in denen in der Regel Personen ohne vollqualifizierenden Berufsabschluss beschäftigt werden, sind in der Fachkräftedefinition nicht enthalten. Ab 2020 liegen auch Ergebnisse für die Bundesländer vor, allerdings nur auf Ebene der Berufsgruppen (Dreisteller) der KldB. Einzelne Indikatoren, welche in die Fachkräfteengpassanalyse einfließen sind jedoch auch auf der Ebene von Arbeitsagenturbezirken (Berufe auf einen Blick - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)) verfügbar. Sie sind nützlich, um die regionale Situation vor Ort innerhalb des Bundeslandes besser nachvollziehen zu können.
Die 3 Indikatorensets der Engpassanalyse: Engpass-, Risiko- und Ergänzungsindikatoren
Die Engpassanalyse der BA gliedert sich in drei Indikatorensets: Engpass-, Risiko- und Ergänzungsindikatoren (Tabelle 1). Alle Indikatoren werden von der BA in vier Klassen im Hinblick auf mögliche Fachkräfteengpässe eingeteilt (Tabelle 2). Der Indikator erhält keinen Punkt (1. Klasse), wenn die Indikatorausprägung sehr weit davon entfernt ist, das Anzeichen eines Engpasses wiederzugeben. Der Indikator erhält drei Punkte (4. Klasse), wenn die Ausprägung das Anzeichen eines Engpasses zeigt. Die Idee der Punktevergabe liegt darin begründet, dass die einzelnen Engpassindikatoren, wie z.B. die Vakanzzeit, die Arbeitssuchenden-Stellen-Relation oder die berufsspezifische Arbeitslosenquote (siehe Tabelle 1), miteinander kombiniert werden sollen, um ein Gesamtbild der Engpasssituation darzulegen. Allerdings haben die Indikatoren unterschiedliche Ausprägungen (Tage, Verhältnisse, Anteile etc.), die sich nicht einfach aufaddieren lassen. Durch die Punktevergabe lässt sich für einen Beruf aber ein Durchschnittswert über die Engpass- und Risikoindikatoren ermitteln. Die Engpassindikatoren zeigen die aktuelle Arbeitsmarktsituation auf, die Risikoindikatoren richten ihren Blick auf die mögliche zukünftige Arbeitsmarktsituation (Könnte sich die Engpasssituation verstärken oder entspannen?). Die Ergänzungsindikatoren helfen, die Situation qualitativ zu bewerten und geben ggf. auch Hinweise auf Lösungsmöglichkeiten. Die Methodik der Engpassanalyse ist im Detail in Klaus und Beckmann (2020) beschrieben. Im Folgenden werden die drei Indikatorensets der Engpassanalyse erläutert. Anschließend wird ein Beispiel gezeigt, wie die Engpassanalyse auch auf der Ebene von Arbeitsmarktregionen genutzt werden kann.
Tabelle 1: Engpass-, Risiko- und Ergänzungsindikatoren der Bundesagentur für Arbeit zur Bestimmung der Fachkräftesituation. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Darstellung
Tabelle 2: Punktesystem und Farbcode der BA-Klassen zur Engpassanalyse. Quelle: in Klaus und Beckmann (2020), S. 36
Vorneweg ist zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber ihre Stellengesuche nicht immer unmittelbar nach der Besetzung abmelden und die BA zudem nicht für alle Berufe gleichmäßig in die Stellenbesetzung einbezogen wird (Startseite - Einschaltungsgrad - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)). Es liegen aber keine Kenntnisse vor, dass die Häufigkeit, mit der eine Stelle bei der BA gemeldet wird, für bestimmte Berufe in einigen Regionen stärker ausgeprägt ist als in anderen. Regionale Vergleiche sollten somit möglich sein.
- Die Vakanzzeit offener Stellen gibt den Zeitraum zwischen dem vom Arbeitgeber gewünschten Besetzungstermin und der Abmeldung der Stelle bei der BA wieder. Dem Indikator liegt die Überlegung zugrunde, dass eine längere abgeschlossene Vakanzzeit auf Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung hinweist. Wichtig für den regionalen Vergleich unterhalb der Bundesländer ist, dass die Vakanzzeit als Median in die Engpassanalyse eingeht. Der Median ist als Wert in der Mitte einer Datenverteilung wesentlich unempfindlicher gegenüber Ausreißern als der Durchschnitt, der über einige wenige Stellen mit sehr langen Vakanzzeiten nach oben verzerrt sein kann (siehe Abschnitt Auf der Ebene von Arbeitsagenturbezirken/Arbeitsmarktregionen).
- Die Arbeitssuchenden-Stellen-Relation gibt das Verhältnis von Arbeitsuchenden zu gemeldeten Stellen wieder. Je weniger Arbeitsuchende für die Besetzung einer offenen Stelle zur Verfügung stehen, desto schwieriger dürfte die Stellenbesetzung für die Arbeitgeber sein. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass Arbeitsuchende nicht immer bei der BA registriert sind und Arbeitsuchende sich für mehrere Berufe interessieren können, aber nur für einen Beruf gemeldet sind. Als Ergänzung zu diesem Indikator bietet sich daher die berufliche Mobilität an (siehe Ergänzungsindikatoren).
- Ebenso ist eine niedrige berufsspezifische Arbeitslosenquote ein weiterer Hinweis auf eine Fachkräfteknappheit.
- Die Veränderung des Anteils sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung von Ausländern wird herangezogen, weil vermutet wird, dass bei einem Engpass der Anteil ausländischer Beschäftigter überdurchschnittlich steigen dürfte. Es könnte aber auch sein, dass das Wachstum ausländischer Beschäftigung mit unattraktiven Arbeitsbedingungen im Beruf korreliert, welche deutsche Beschäftigte unter Umständen von der entsprechenden Berufsausübung abhält.
- Die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit beschreibt die Chance der Arbeitslosen, wieder in eine Beschäftigung zu gelangen. Diese Chance dürfte umso höher sein, je stärker der Fachkräfteengpass ist.
- Zuletzt ist auch die Entwicklung der Entgelte – im Vergleich der relativen Veränderung des Medianentgelts von vor drei Jahren im Beruf – entscheidend, da bei Fachkräfteengpässen die entsprechenden Tätigkeiten besser entlohnt werden sollten. Allerdings werden Tarifverträge zumeist branchen- und nicht berufsspezifisch verhandelt und es ist für Unternehmen nicht einfach, für neue Beschäftigte von der vorherrschenden Lohnstruktur im Unternehmen abzuweichen.
Die Risikoindikatoren richten ihren Blick darauf, ob es gewisse Anzeichen gibt, die auf eine Entspannung oder Verschärfung der Fachkräftesituation hindeuten. So ist die Veränderung des Anteils älterer (sozialversicherungspflichtiger) Beschäftigter (60 Jahre und älter) ein Hinweis darauf, wie groß der Anteil an Arbeitsplätzen im Beruf ist, der in naher Zukunft aufgrund anstehender Verrentungen wiederbesetzt werden muss (sofern es sich nicht um Berufe mit Arbeitsplatzabbau handelt). Durch die Fokussierung auf die Veränderung des Anteils wird berücksichtigt, dass Berufe oft qua ihrer Qualifizierungswege unterschiedliche Altersstrukturen aufweisen.
Der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen an allen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen zum 30.09. eines Berichtsjahres kann für Berufe, die im dualen System gelernt werden, wiedergeben, wie einfach oder schwierig es für die Betreibe ist, zukünftige Fachkräfte auszubilden. Ein vergleichsweise hoher Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze wäre ein frühes Indiz dafür, dass die Rekrutierungsschwierigkeiten auf Fachkraftniveau in Zukunft zunehmen könnten. Eine Analyse der Mismatchproblematik am Ausbildungsmarkt kann zugleich helfen, die Besetzungsprobleme zu verstehen.
Wie wichtig die Ausbildung im Verhältnis zu den Beschäftigten ist, wird über die Absolventen-Beschäftigten-Relation wiedergegeben. Sie stellt die dualen und schulischen Ausbildungsabsolventen ins Verhältnis zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einer entsprechenden beruflichen Qualifizierung. Durch die Einbeziehung der Schulstatistik erstreckt sich die Aussagekraft des Indikators über mehr Berufe als der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen an allen gemeldeten Stellen, weist hingegen aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt auf eventuelle Nachwuchslücken hin.
Während die vorherigen drei Risikoindikatoren Einschätzungen über die Verschärfung oder Entlastung der Fachkräftesituation durch Aus- und Eintritte qualifizierter Beschäftigter geben, liefert das Substituierbarkeitspotenzial (Übergreifende Themen - IAB-Substituierbarkeitspotenzial 2019 - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)) Hinweise darauf, ob die Tätigkeiten des Berufs, nach aktuellem technologischen Stand, automatisierbar wären. Dies bedeutet nicht, dass sie auch automatisiert werden, weil der Arbeitskontext, rechtliche oder finanzielle Gründe dies eventuell nicht zulassen. Es kann aber sein, dass die Nachfrage nach den entsprechenden Berufen zurückgeht, weil sich ein Teil der Tätigkeiten automatisieren lässt. In der Folge können sich das Tätigkeitsprofil und die Anforderungen an die Beschäftigten verändern, es können auch neue Aufgaben hinzukommen.
Die Ergänzungsindikatoren helfen, die Situation qualitativ zu bewerten und geben ggf. auch Hinweise auf Lösungsmöglichkeiten. So ist bekannt, dass Personen in der Statistik nur für einen Beruf im Arbeitsangebot gezählt werden können (siehe Arbeitssuchenden-Stellen-Relation und berufsspezifische Erwerbslosenquote). In der Realität ähneln sich Berufe jedoch in bestimmten Tätigkeiten. Daher sind berufliche Wechsel, eventuell mit Bildungsunterstützung, möglich. Die berufliche Mobilitätsmatrix zwischen erlerntem und ausgeübtem Beruf des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt auf, welche beruflichen Tätigkeiten mit einem beruflichen Abschluss ausgeübt werden (https://www.bibb.de/dokumente/xls/qube_welle7_BIBB-Flexibilitaetsmatrix_2019.xlsx). Auch die BA hat die berufliche Mobilität von Beschäftigten zwischen unterschiedlichen Erwerbsberufen ausgewertet (Methodenbericht-berufliche-Mobilitaet-Beschaeftigte.pdf (arbeitsagentur.de)). Unter Inspirieren - Eingabe | New Plan | Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) kann für Einzelberufe aufgezeigt werden, welche beruflichen Wechsel möglich sind und welche Weiterbildungsangebote dazu passen könnten.
- Die Arbeitsstellenbestandsquote gibt den Anteil der unbesetzten Stellen im Verhältnis zu allen Stellen (unbesetzte und besetzte), ähnlich der Arbeitslosenquote, wieder. Je höher sie ist, desto belastbarer dürften auch die Ergebnisse der Engpass- und Risikoindikatoren sein. Ihre Aussagekraft beschränkt sich aber – wie die Vakanzzeit – auf die bei der BA gemeldeten Stellen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
- Die Teilzeitquote kann darauf hinweisen, ob in den Arbeitszeiten noch Potenzial schlummert. Zugleich kann die Ermöglichung von Teilzeitarbeit aber auch ein Anreiz sein, der den Beschäftigten das Ausüben einer Erwerbstätigkeit erlaubt, oder diese attraktiv macht.
- Der Selbstständigenanteil im Beruf gibt wieder, wie aussagekräftig die Ergebnisse der Engpass- und Risikoindikatoren sind, da diese vorwiegend auf abhängigen Beschäftigungsverhältnissen basieren.
Kommunale und regionale Engpassanalysen
Valide Analyseergebnisse stützen sich auf robuste Fallzahlen. Je feiner interessierende Größen, wie eben die Indikatoren der Engpassanalyse, über verschiedene Merkmale ausdifferenziert werden, desto kleiner werden die zugehörigen Fallzahlen. Erst ab einer Fallzahl von circa 30 ist, gemäß der Normalverteilungsannahme, eine statistisch robuste Analyse zu unterstellen. Dementsprechend wird es nicht über alle Einzelindikatoren der Engpassanalyse, analog die Ergänzungs- und Risikoindikatoren, möglich sein, Regionen und Berufe in höchster Auflösung abzubilden.
Auf Bundeslandebene
Aus diesem Grund der statistischen Verlässlichkeit bietet die BA ihre vollständige Engpassanalyse frei zugänglich nur auf höheren Aggregationsstufen an. Unter Engpassanalyse - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) lässt sich die Fachkräftesituation auf Bundesebene nach Berufsuntergruppen (Viersteller) und auf Bundeslandebene nach Berufsgruppen (Dreisteller) – jeweils unterschieden nach Anforderungsniveau – auswerten.
Auf der Ebene von Arbeitsagenturbezirken/Arbeitsmarktregionen
Sofern regional und in der beruflichen Differenzierung eine genügend große Fallzahl erreicht wird, stehen auf der BA-Website „Arbeitsmarktmonitor“ für die Ebene von Arbeitsmarktregionen und Bundesländern Informationen zur Vakanzzeit in Tagen als auch die Arbeitslosen-Stellen-Relation zur Verfügung (BA-Website „Arbeitsmarktmonitor“). Wichtig zu wissen ist jedoch, dass diese beiden Größen nicht deckungsgleich mit der oben genannten Indikatorik der Fachkräfteengpassanalyse sind. So wird auf den genannten Seiten der Bundesagentur für Arbeit der Durchschnitt der Vakanzzeit dargestellt. Diese ist aufgrund der statistischen Ausreißer in der Regel höher als der in der Engpassanalyse verwendete Median und damit nicht direkt mit den Originalwerten unter Engpassanalyse - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) vergleichbar. Ebenso ist die Arbeitslosen-Stellen-Relation nicht das Gleiche wie die in der Engpassanalyse verwendete Arbeitssuchenden-Stellen-Relation. Letztere gibt das Potenzial an verfügbaren Arbeitskräften umfassender wieder.
Für eine umfassendere Analyse auf der Ebene von Arbeitsmarktregionen kann zudem noch die Veränderung des Anteils sozialversicherungspflichtig beschäftigter Ausländer (Berufe auf einen Blick - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) ➤ Überblickstabelle) hinzugezogen werden.
Insgesamt erlauben bereits die drei genannten vorhandenen Indikatoren auf ihrem aggregierten Niveau erste regionale Annäherungen an die Fachkräftesituation in der Arbeitsmarktregion. Entweder kann ein regionaler Vergleich der Fachkräftesituation in den Arbeitsmarktregionen, gemessen über Vakanzzeit und die Arbeitslosen-Stellen-Relation, direkt im Online-Tool „Fachkräfteradar“ (Faktencheck zum Arbeitsmarkt - Arbeitsmarktmonitor (arbeitsagentur.de)) die Möglichkeit eines regionalen Überblicks geben. Oder die Daten werden über Berufe auf einen Blick - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) abgetragen und der Fachkräftesituation auf Bundeslandebene gegenübergestellt. Tabelle 3 stellt exemplarisch die Engpasssituation für Fachkräfte im Hochbau in Deutschland, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern und den jeweils darunter gefassten Arbeitsagenturbezirken Augsburg und Nürnberg sowie Greifswald und Schwerin dar.
Wie Tabelle 3 zeigt, wird die Engpasssituation bei Fachkräften im Hochbau (321) mit durchschnittlich 2,7 Punkten bewertet. Es liegt somit ein Anzeichen für einen Engpass vor. Dies liegt vor allem an den Berufsuntergruppen Berufe im Maurerhandwerk (3212) und Berufe im Fassadenbau (3215). Ebenso ersichtlich ist jedoch, dass, bis auf die Vakanzzeit der ausgeschriebenen Stelle, die Ausprägungen der verschiedenen Engpassindikatoren recht unterschiedlich ausfallen. Im Bundesland Bayern ist der Engpass mit durchschnittlich 2,8 Punkten stärker ausgeprägt als in Mecklenburg-Vorpommern mit 2,2. Auf der Ebene der Arbeitsagenturbezirke werden wie geschildert keine Mediane (mittlere Spalte „Vakanzzeit“ Tabelle 3), sondern Durchschnitte (rechte Spalte „Vakanzzeit“ Tabelle 3) ausgewiesen. Diese sind um einiges höher als der Median, da sie empfindlicher gegenüber Ausreißern sind. Dennoch können sie für einen regionalen Vergleich verwendet werden. In Bayern wird dadurch ersichtlich, dass die Fachkräftesituation in den Arbeitsagenturbezirken in Augsburg und Nürnberg im Hochbau weniger angespannt ist als in Bayern oder im Bund insgesamt. In Schwerin hingegen ist aufgrund der geringeren Anzahl an Arbeitssuchenden pro Stelle und längeren Vakanzzeiten anzunehmen, dass die Fachkräfterekrutierung für den Hochbau etwas schwieriger ist als in Mecklenburg-Vorpommern bzw. im Durchschnitt des Bundesgebiets.
Projektionen
Will man wissen, wie sich die berufliche Situation in Zukunft darstellen könnte, wenn sich an den bisherigen Trends und Verhaltensweisen nichts ändert, so hilft auch ein Blick auf die Qualifikations- und Berufsprojektionen des Bundesinstituts für Berufsbildung und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (www.qube-projekt.de). Im Unterschied zu den Daten der BA werden hier nicht nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, sondern auch Beamte und Selbstständige berücksichtigt. Die Arbeitsnachfrage wird in Erwerbstätigen und das Arbeitsangebot nach Erwerbspersonen (Erwerbstätige + Erwerbslose) nach 141 Berufsgruppen (Dreisteller) der KldB 2010 dargestellt. Neben den Köpfen werden auch die benötigten und angebotenen Arbeitsstunden sowie die berufsspezifischen Suchdauern ausgewiesen. Letztere geben an, wie lange Arbeitgeber im Durchschnitt benötigen, um eine Stelle in einem Beruf zu besetzen.
Unter www.qube-data.de können einzelne Berufsgruppen abgerufen und eigene Analysen erstellt werden. Auch Auswertungen auf der Ebene der Bundesländer sind möglich – dann allerdings unterteilt nach 37 Berufshauptgruppen.
Unter www.qube-dossiers.de sind auch Dossiers zu Bundesländern und 34 verschiedenen Arbeitsmarktregionen verfügbar. Dabei zeigt sich, dass vor allem die demografische Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt: Gerade in den östlichen Flächenländern, in denen die Bevölkerung relativ stärker altert, sind Engpässe in Zukunft am wahrscheinlichsten.
Auf kommunaler Ebene
Sofern regional und in der beruflichen Differenzierung eine genügend große Fallzahl erreicht wird, stehen auf der BA-Website „Fachkräftebedarf“ auch auf Kreisebene Informationen zur Vakanzzeit in Tagen als auch die Arbeitslosen-Stellen-Relation zur Verfügung. Diese können ebenso wie in Tabelle 3 eingeordnet werden.
Gegen Entgelt kann die BA auch folgende Indikatoren in regional disaggregierter Form (z.B. Kreise) per Sonderauswertungen zuliefern:
Ergänzende Informationen
Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass Fachkräfteengpässe häufig das Ergebnis mangelnder Anpassungsbereitschaft sind. Um Lösungsansätze im regionalen Kontext betrachten zu können, ist es daher sinnvoll, ergänzende Informationen zu den Beschäftigungsverhältnissen heranzuziehen.
Hier ist zum einen die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden relevant. Ist die Teilzeitquote oder der Frauenanteil höher oder niedriger als im Landes- oder Bundesdurchschnitt? Könnte eine verbesserte Kinderbetreuungssituation möglicherweise die Erwerbsbeteiligung und die Arbeitszeiten erhöhen?
Auf regionaler Ebene ist zudem die regionale Mobilität entscheidend. Verliert die Region Auspendler*innen an andere Regionen oder gewinnt sie? Dies lässt sich ebenfalls bei der BA nachvollziehen (Pendler - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)).
Bei der kommunalen Fachkräftesicherung kann auch die Infrastruktur eine Rolle spielen. Die kostenlose INKAR-Datenbank des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (INKAR - BBSR) bietet zahlreiche Informationen zu Bildung, Demografie, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Wohnen, Verkehr oder Umwelt.
Standort Potsdam
kobra.net, Kooperation in Brandenburg, gemeinnützige GmbH
Benzstr. 8/9, 14482 Potsdam
Ansprechpartner:
Tim Siepke, Leitung
0331 / 2378 5331
info@kommunales-bildungsmonitoring.de
Standort Trier
Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz - Saarland e.V.
Domfreihof 1a | 54290 Trier
Ansprechpartner:
Dr. Tobias Vetterle, Leitung
0651 / 4627 8443
info@kommunales-bildungsmonitoring.de
Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.