Datenbasierte kulturelle Bildung in der Stadt Würzburg
Wie mit entsprechender politischer Unterstützung innerhalb der Kommune auch groß angelegte eigene Erhebungen in einem bestimmten Themenfeld realisierbar sind, zeigt das Beispiel der Stadt Würzburg. Hier war die kulturelle Bildung – ausgehend vom entsprechenden Arbeitsauftrag einer Lenkungsgruppe – eines der Schwerpunktthemen, mit denen das Bildungsbüro seine datenbasierte Arbeit aufnahm. Im Interview mit der Fachstelle kommunales Bildungsmonitoring erläutert Dr. Alexandra Maßmann die Arbeitsweise des Bildungsbüros der Stadt Würzburg, von der Erschließung des Themas über die Analyse von Daten bis hin zur Ableitung von Handlungsempfehlungen.
Frau Dr. Maßmann, wie ist das Team des Würzburger Bildungsbüros bei der Bearbeitung des Themenfeldes „Kulturelle Bildung“ vorgegangen?
Um den Prozess der Erarbeitung zu strukturieren und um die betreffenden Gremien zeitnah zum Thema zu informieren und in die Arbeit einzubeziehen, haben wir uns dazu entschieden, das Thema der kulturellen Bildung in drei Schritten zu bearbeiten: Der erste Schritt bestand darin, eine Arbeitsdefinition für kulturelle Bildung zu finden, ihre Bedeutung für die Bürger*innen der Stadt, aber auch die Verwaltung hervorzuheben und die enorme Bandbreite des Angebots vorzustellen Im Anschluss daran ging es um den Aufbau einer Datenbasis und die Durchführung von Datenanalysen zur Beschreibung des Ist-Zustands. Der letzte Schritt bestand darin, Perspektiven und Handlungsempfehlungen zu formulieren.
Worin bestand das Hauptziel für die Stadt Würzburg, sich mit dem Thema der kulturellen Bildung datenbasiert zu befassen?
Das Ziel war die Erfassung von Angeboten und Kooperationen in der kulturellen Bildung. Hierzu haben wir verschiedene kulturelle Sparten betrachtet (➞ Abbildung 1). Wir haben sehr schnell realisiert: Einige amtliche Daten sowie Daten aus Fachstellen und Einrichtungen sind vorhanden, aber insgesamt ist die Datenlage zu dünn. Daher haben wir eine eigene Erhebung in Form einer Umfrage durchgeführt.
Wir haben sehr schnell realisiert: Einige amtliche Daten sowie Daten aus Fachstellen und Einrichtungen sind vorhanden, aber insgesamt ist die Datenlage zu dünn.
Wer wurde befragt, und zu welchen Inhalten?
Die Zielgruppen waren Kulturvermittelnde und Schulleitungen, da sie wichtige Kooperationspartner in der kulturellen Bildung sind. Um eine möglichst aussagekräftige Menge an Kulturvermittelnden zu erreichen, wurde zunächst in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt eine Liste aller uns bekannten Künstler*innen angelegt, die Bildungsangebote machen. Darüber hinaus wurden alle Kultureinrichtungen in der Stadt und auch Berufsverbände wie zum Beispiel der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Unterfranken als Multiplikator*innen kontaktiert. Die Kontaktaufnahme erfolgte per E-Mail und telefonisch, der schriftliche Fragebogen wurde per E-Mail versandt.
Insgesamt konnten wir 50 Kulturschaffende sowie 48 Schulleitungen befragen. Die Themenbereiche der Befragung unter den Kulturschaffenden orientierten sich an den Qualitätsdimensionen für Kooperationen von Kultur und Schule der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung. Wir haben Informationen zu insgesamt zwölf Indikatoren erhoben (➞ Abbildung 2).
Welche Methoden kamen zum Einsatz und was waren die Ergebnisse?
Unsere Auswertung erfolgte mit Mitteln der deskriptiven Statistik und der zusammenfassenden Inhaltsanalyse. Die Ergebnisse verdeutlichen unter anderem, dass weiterführende Schulen die quantitativ wichtigsten Kooperationspartner der kulturellen Bildung in Würzburg sind. Für Jugendliche werden somit verhältnismäßig viele Angebote gemacht. Dagegen werden der frühkindliche Bildungsbereich sowie Erwachsene im hohen Lebensalter noch vergleichsweise wenig mit Angeboten kultureller Bildung in Würzburg erreicht (➞ Abbildung 3).
Wie wurden diese Ergebnisse kommuniziert?
Das Bildungsbüro hat sich für eine Veröffentlichung der Ergebnisse in mehreren kleineren Formaten entschieden. Nach einem ersten Werkstattbericht haben wir zwischen Oktober 2020 und August 2021 den Bildungsbericht "Kulturelle Bildung in Würzburg" in drei Teilen veröffentlicht. So konnten wir sicherstellen, dass die entsprechenden Gremien regelmäßig informiert werden und dass es ein hohes Maß an Transparenz und Möglichkeiten zur Mitarbeit gibt.


Dr. Alexandra Maßmann
Bildungsmonitoring und kommissarische Leitung des Bildungsbüros
97070 Würzburg
Blick in den Bildungsbericht
Abbildung 1: Kulturelle Sparten in der Analyse des Würzburger Bildungsbüros
Quelle
Abbildung 2: Indikatoren der Erhebung unter Kulturschaffenden
Quelle
Abbildung 3: Anzahl der Kulturschaffenden mit Angeboten kultureller Bildung (nach Altersgruppen)
Quelle
Unser Beispiel zeigt, dass sich eigene Datenerhebungen zu Themen der kulturellen Bildung durchaus realisieren lassen. Es gibt aber methodische und strukturelle Grenzen.
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus Ihren Analysen?
Auf Basis unserer Untersuchung haben wir Handlungsempfehlungen für verschiedene Bereiche formuliert. Dazu gehören die Themen Beratung, Vernetzung, Räumlichkeiten, Finanzen und Strategien. Wir haben zum Beispiel empfohlen, eine Datenbank zur kulturellen Bildung aufzubauen, dauerhafte Angebote der kulturellen Bildung zu stärken und eine Selbstevaluation einzurichten. Die Umsetzung unserer Empfehlungen wurde vom Stadtrat beschlossen.
Welche Lehren ziehen Sie aus Ihren Erfahrungen mit eigenen Erhebungen im Themenfeld der kulturellen Bildung?
Unser Beispiel zeigt, dass sich eigene Datenerhebungen zu Themen der kulturellen Bildung durchaus realisieren lassen. Auf Anfrage geben wir den eingesetzten Fragebogen auch gerne an interessierte Kommunen zur Nutzung weiter. Es gibt aber methodische und strukturelle Grenzen: Da wir zum Beispiel die Grundgesamtheit der Kulturschaffenden in der Stadt Würzburg nicht kennen, lässt sich die Repräsentativität der Daten nicht final beurteilen. Außerdem ist die kulturelle Bildung ein Querschnittsthema, das unterschiedliche Zuständigkeiten umfasst, wodurch Parallelstrukturen entstehen können. Abschließend muss man sagen, dass die vom Bildungsbüro vorbereiteten und vom Stadtrat verabschiedeten Handlungsempfehlungen einen sinnvollen Kompromiss der beteiligten Fachstellen darstellen. Die Umsetzung erfolgt nun ebenfalls in gemeinsamer Abstimmung.

Dr. André Förster
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Martin Franger
Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit
Standort Potsdam
kobra.net, Kooperation in Brandenburg, gemeinnützige GmbH
Benzstr. 8/9, 14482 Potsdam
Ansprechpartner:
Tim Siepke, Leitung
0331 / 2378 5331
info@kommunales-bildungsmonitoring.de
Standort Trier
Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz - Saarland e.V.
Domfreihof 1a | 54290 Trier
Ansprechpartner:
Dr. Tobias Vetterle, Leitung
0651 / 4627 8443
info@kommunales-bildungsmonitoring.de
Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.